Irrtümer in der Hundeerziehung

In dieser Rubrik möchten wir Ihnen einige Irrtümer in der Hundeerziehung aufzeigen!


Anknurren muss bestraft werden

Prima Idee, "wie kann es ein Hund auch wagen, die Hand, welche ihn füttert, anzuknurren, das muss man in jedem Fall unterbinden". So, oder so ähnlich lauter der "Fachrat" von Mitbewerbern in den meisten Fällen. Nun, das kan man machen, es lohnt sich aber nicht. Das Knurren bedeutet in der Hundesprache nichts anderes als eine Warnung. Man nimmt einem Individuum also alle Warnmöglichkeiten und stellt diese womöglich noch unter ein Meideverhalten, denn nicht selten werden Hunde körperlich betraft und gemaßregelt, wenn sie knurren. Was hat das Raubtier nun gelernt: Mein Problem hat sich nicht gelöst, Knurren wird nicht akzeptiert, dann schnappe oder beiße ich jetzt zu. Schnappen und Beißen ist aber auch nicht zu akteptieren, so maßregeln wir erneut. "Der Hund wird immer dominanter" bekommen Hundehalter dann zu hören. Diese Vorgehensweise sollte unter dem Titel laufen: "Wie verheize ich meinen Hund am schnellsten?". Deshalb unser Appell an Sie als Hundehalter: Suchen Sie sich kompetente Hilfe, um Ursachen zu verändern. Knurren muss einen Grund haben.

Das Ignorieren

"Wenn Ihr Hund Sie anspringt, dann ignorieren Sie ihn ein bis drei Tage lang". Solche oder ähnliche Verhaltenstipps bekommt man als Hundehalter zur Genüge, inklusive der ernüchternden Tatsache, dass sich das Problem "Anspringen" deswegen nicht erledigt hat. Wenn wir uns bewusst darüber sind, dass unser Raubtier Hund im "Hier und Jetzt", also in der Gegenwart, lebt und wenn wir uns daran erinnern, dass wir den Hund innerhalb von wenigen Sekunden für richtiges Verhalten loben müssen, weil er sonst das Lob nciht mit der vorher gezeigten Aktion verknüpfen kann, dann fragen wir uns allen Ernstes, wie man auf den Unsinn des Ignorierens kommen kann??!!

Zurück zum oben beschriebenen Beispiel: Der Hund springt also Menschen beim Betreten der Wohnung an. Zugegeben ist das lästig und nervig, vor allem wenn Sie die Hände voller Einkaufstaschen haben. Sie kämpfen sich also nun mit Ihrer Tragelast am wild hochspringenden Hund vorbei bzw. drehen sich von ihm weg und „ignorieren“ ihn für den Rest des Tages. Was geschieht hier aus Sicht des Hundes? Durch Ihr „Nichts tun“ signalisieren Sie dem Hund: „Es ist okay und erlaubt, was Du tust“ und nebenbei erwähnt, wird dem Hund hierbei wieder keine Alternative gegeben was bedeutet, er muss den „Fehler“ immer wieder machen und Sie dürfen sich jeden Tag aufs Neue darüber ärgern. Der Hund hat nach spätestens 10 Sekunden vergessen, warum er ignoriert wird und versteht die Welt nicht mehr. Noch viel weniger kann er Sie als Rudelführer verstehen und ernst nehmen, denn ein Anführer ist alles andere als ignorant.

Die Basis Ihres Miteinanders leidet unter dem Ignorieren und man muss sich nicht wundern, wenn der Hund sein problematisches Handeln weiter ausbaut, verstärkt oder durch Ihre Passivität auch auf andere Bereiche überträgt. Stellen Sie sich die Konsequenzen vor, wenn ein Hund einen Menschen beißt und man das Problem ignorieren würde. Haben wir dadurch irgendetwas gewonnen? Nein!

Der Schnauzgriff

Landläufig wird der „Schnauzgriff“ leider immer noch als Maßregelung für ungewolltes Verhalten von Hunden durchgeführt. Was soll das bringen und was bewirkt es wirklich in der Gemeinschaft Mensch/Hund? Bekamen Sie diesen „Kniff“ auch in der Welpenstunde an die Hand um Ihr Tier zu „maßregeln“? Nun, wenn ihnen jemand anrät ihrem Kind den Mund zu zuhalten wenn es etwas in selbigen steckt, tun sie das dann auch? Nein? Da gehen sie wohl eher auf die Barrikaden und stehen fassungslos vor dem Ratgeber. Sicher wird dieser „Schnauzgriff“ oder besser „Schnauzenbiss“ innerartlich durchgeführt. Wohlgemerkt innerartlich! Der Mensch ist kein Hund und wird niemals dieses feine und vielfältige Zusammenspiel von Körpersprache, Mimik und Gestik wie ein hündischer Artgenosse ausüben können. Umso vermessener und auch fataler ist eine Anwendung durch den Menschen.

Es sei erwähnt, dass Menschen den Schnauzengriff mit Ihrer Hand ausüben, selbiger, die bitte gerne auch als angenehm empfunden werden soll wenn der Hundehalter heute mal streicheln statt strafen möchte...

Dem „innerartlichem Schnauzenbiss“ geht immer erst einmal eine Reihe von Kommunikationssignalen voraus und nur wenn diese Signale des Gegenübers nicht beachtet werden, kommt es zur aktiven Anwendung. Ist man sich dessen Bewusst, dürfte schnell klar werden, dass der Hund diese Art der Maßregelung seitens des Menschen nicht verstehen kann und die Umsetzung vollkommen unsinnig ist. Die Folgen des Einsatzes durch den Menschen beim Hund sind Konflikt, Unsicherheit und nicht selten Gegenwehr. Und wieder sind wir an dem Punkt, an dem wir uns fragen müssen: WER hat es versäumt dem Hund bereits im Ansatz das gewünschte Verhalten bei zu bringen? Unerfahrene Hundehalter trifft hier nicht die Schuld, aber so genannte „Hundeversteher“ sollten sich überlegen ob es der richtige Weg ist, Hunde permanent mit unsinnigen Vorgehensweisen zu korrigieren. Sie sollten es doch eigentlich besser wissen, denn nicht selten hat man ja studiert! Der Schnauzenbiss gehört übrigens zum Repertoire des defensiven Aggressionsverhaltens. Bei Anwendung durch den Menschen, interagieren wir also aggressiv und eben nicht korrigierend.

Man stellt sich unweigerlich die Frage was da so alles studiert wird und wie viel „pro“ Hund diese Fachleute sind. Würden Sie Ihrem Kind bei Fehlverhalten den Mund zuhalten, würde es sich vermutlich wehren oder aber beim nächsten Mal vor der Hand zurück zucken. Denken Menschen wirklich, sie könnten eine sinnvolle Bindung zu ihrem Hund herstellen, wenn sie Hand an ihn legen? Was wird stattdessen aus solch einer Maßnahme resultieren? Er wird sich irgendwann gegen diese Maßnahme auflehnen müssen, denn das gemaßregelte Verhalten ist lediglich Symptom. Er wird versuchen ihre Hand zu schnappen, bevor ihn die unangenehme Handlung erreicht. Die andere Variante ist ein absolutes Meideverhalten. Sicher wird ihr Hund genau die Aktion irgendwann vermeiden welche ihm unangenehm war, aber er wird auch anfangen Sie zu meiden und im Vorfeld mit Beschwichtigung auf Sie reagieren. Aber dann kann man ja sagen… “der weiß genau dass er das nicht darf. Ja, weiß der Hund das tatsächlich? Dann fragen sie sich bitte, warum er es immer wieder tut, denn warum sollte er sich selber Schaden wollen und vor allem warum sollte er Ihnen schaden wollen. Das macht keinen Sinn und ist somit UNSINN.

412p2pBabbL. SL110 Quelle: Die größten Irrtümer in der Hundeerziehung